EsstischDa wir uns hier mit Rauschmittel konsumierenden oder Medien verseuchten Jugendlichen beschäftigen, können wir nicht mit „Normalität“ an die Pubertät herangehen. Eltern, die solche Jugendlichen zu Hause haben, müssen sich Wohl oder Übel auf das Wesentliche konzentrieren und beschränken, das aber auch für andere Eltern sicher bedenkenswert sein dürfte.

In der Pädagogik gibt es das Konstrukt der Reversibilität: Ein Familienmitglied, das einem anderen einen Gefallen tut, kann davon ausgehen, daß es sich umgekehrt genauso verhalten wird. Das ist in vielen Familien zwischen Eltern und Kindern jedoch nicht die Regel.

Nehmen wir als Beispiel mal das beliebte Drama des Abräumens eines Esstisches. Ich biete 2 Versionen an:

1. Eltern fühlen sich ausgenutzt und genervt, weil die Kinder beim Tischabräumen nie mithelfen, sondern nach dem Essen aufstehen und alles den Eltern überlassen. Die Eltern sind enttäuscht und sauer und sagen: „Jetzt räum doch auch mal mit den Tisch ab.“ Die Kinder zeigen sich genervt und machen das vielleicht, aber nur nach einer Aufforderung! Es kann aber auch die Antwort kommen: „Ich habe jetzt grad keine Zeit!“

2. Andere Eltern wissen, daß man 1. nichts erzwingen kann und 2. ein Vorbild sein sollte. Also werden sie niemals die Kinder um Mithilfe im Haushalt bitten, so daß die Kinder wegen Hausarbeit auch niemals genervt sein können. Da die Eltern entspannt für die Hausarbeit sorgen und zeigen, daß sie dies gerne für alle tun, sind sie ein Vorbild für „entspannte Hausarbeit“ und für soziales Verhalten. Also werden die Kinder lernen, wie von selbst im Haushalt mit Hand anzulegen. Sie müssen niemals befürchten, daß sie deswegen jemand regelementiert oder gar nerven könnte.

Wenn Eltern bereits mehrfach wegen Hausarbeit ermahnt und damit genervt haben, dürfte das Thema ein für alle Mal durch sein: die Kinder werden nicht mit helfen, weil das wegen der Eltern wäre und nicht, weil es einfach mit zum sozialen Leben mit dazu gehört.

Mein Appell an Eltern: wenn Sie zur 1. Gruppe gehören, fordern Sie Ihre Kindern NIE mehr zum Mithelfen im Haushalt auf, weil sie es damit nie mehr freiwillig tun können, denn die Aufforderung steht beständig im Raum.

Schauen Sie das Video von Prof. Dr. André Frank Zimpel von der Uni Hamburg-Eppendorf ab der 40. Minute

Das ist aber nur die eine Hälfte bzw. die Voraussetzung der Haltung. Jetzt kommt er der eigentliche Teil mit der folgenden Strategie = Haltung:

Eltern sorgen zu Hause für alle Gemeinschaftsräume und Gemeinschaftsleistungen.

– Geld verdienen
– säubern aller Gemeinschaftsräume
– Lebensmittel einkaufen
– Lebensmittel zubereiten
– und was es sonst noch für die Gemeinschaft = Familie insgesamt zu tun gibt.

Der Jugendliche sorgt für sein eigenes Leben.

– die eigene Schul- oder Beraufsausbildung (natürlich mit eigenständigem morgendlichem Wecken, Aufstehen … bis zum Ankommen in der Schule …)
– das eigene Zimmer (es wird von den Eltern unaufgefordert nie* betreten)
– die eigenen Finanzen (er hat ein eigenes Konto, auf das die Eltern monatlich ein Taschengeld** überweisen)
– die eigenen sozialen Kontakte
– das eigene Freizeitverhalten

und die Eltern werden sich nie in Nichts einmischen = Raushalten!

Können Eltern nicht froh sein, wenn sich die Kinder in dieser zum Teil absolut verrückten Phase der Pubertät um das eigene Leben kümmern und je nach Phase und Zustand damit genug zu tun haben und vielleicht manchmal keine Kapazität haben, sich auch noch um andere Dinge zu kümmern?!?

Es wäre toll, wenn sich die Kinder verantwortungsvoll um das eigene Leben kümmerten. Dann machen Eltern gerne den Rest und kümmern sich um die Gemeinschaftsaufgaben!

Die Eltern halten sich zu 100 % aus dem Leben ihrer Jugendlichen heraus und haben damit Zeit und Kapazitäten frei, die den Gemeinschaftsaufgaben zu Gute kommen.


* Wenn Eltern mit ihren jugendlichen Kindern im Clinch liegen, sollten die deren Zimmer nie mehr betreten. Oft hängen die Jugendlichen an ihre Zimmertüre eine Botschaft „Betreten verboten“. Das müssen Eltern absolut repektieren. Diese Haltung schließt aber auch ein, daß das Zimmer aussehen kann wie es will. Der Zustand des Zimmers kann noch chaotisch anmuten – das Zimmer wird nicht betreten – das ist TABU! Es gibt für jede Regel Ausnahmen. Die gibt es auch hier, wozu wir aber später kommen. Auch wie Eltern damit umgehen, wenn Jugendliche in Haus oder Wohnung Unordnung schaffen, wird noch behandelt.