Merke: Erst das Leid würdigen, dann kann man sich Veränderungen zuwenden.
Nicht der Inhalt des Problems ist das Problem, sondern die Beziehung, die man dazu herstellt.
Ziel ist es also, zum Problem=Inhalt eine neue Beziehung zu entwickeln.
In unserer Gesellschaft und Kultur scheint es üblich zu sein, persönliche Probleme und Symptome „weghaben“ zu wollen, wegtherapieren zu wollen. Das kann gelingen. Doch stellen wir immer wieder fest, daß Symptome wiederkehren können.
Du kannst es nachlesen bei Klaus Grawe. Neuropsychotherapie. Göttingen 2004. Kapitel 2. Was Psychotherapeuten über das Gehirn wissen sollten. Seite 44 ff. (GoogleBooks) Mit Verweis auch auf die 13. Einheit Hirnforschung dieses Blog-Seminares hier ein sehr kurze Zusammenfassung am Beispiel einer Angstsymptomatik: Hat die Amygdala einmal eine bedeutsame Angstreaktion gelernt und abgespeichert, kann sie dieses nicht mehr „vergessen“. Auf direktem Weg ist dieses Erleben seitens des PFC nicht zu beeinflussen. Das weiß jeder, der schon einmal eine spontane heftige Angstreaktion hatte. Es geht nur über Umwege, indem PFC und Hippocampus ausgiebig lernen, neue neuronale Strukturen aufzubauen, die die Amygdala-Impulse hemmen. Selbst wenn das angstvolle Erleben dadurch weg scheint, also nicht mehr erlebt wird (paradox), kann man in bildgebenden Verfahren nachweisen, daß die Amygdala immer noch feuert. (z. B. Grawe S. 104-105) Das kann Auswirkungen haben:
- Die Amygdala löst die neu entstandenen Strukturen wieder langsam auf, die die Amygdala Impulse hemmen und abfedern (neuronale Wattebäuschchen).
- Ein Streßerleben auf ganz anderer Ebene kann zu einem Wiederaufleben jener zunächst nicht mehr erlebten Angst führen, weil die Amygdala im Hintergrund immer noch feuert.
- „Eine milde Form von Höhenangst. die im Alltag keine Probleme verursacht, könnte sich unter verstärktem Einfluss von Stress in pathologische Angest verwandeln. Der Stress hängt mit der auftretenden Störung nicht zusammen, sondern senkt die Schwelle für eine Angststörung, macht den Betroffenen anfälig für Angst, ohne jedoch die Art der Störung zu diktieren.“ J.E. LeDoux. Das Netz der Gefühle. 2001. S. 266.
Als Berater, Betreuer und Therapeut ist man gut beraten, auf Klaus Grawe zu hören: Was Psychotherapeuten über das Gehirn wissen sollten. Seite 44 ff. Ich will hier nur den Türöffner für diese Thematik spielen.
Jene Klienten oder Kunden, die von Symptomen betroffen sind, habe ich psychoedukativ jenes Funktionieren ihres eigenen Gehirns vermittelt: 1. Blog-Seminar ab Einheit 10. Zumeist entsteht bei den Klienten ein spürbar entlastender Effekt, dergestalt: „Gott sei Dank: Ich bin es gar nicht, es ist ja nur meine Amgdala!“
Der nächste Schritt kann dann sein, den Klienten damit vertraut zu machen, daß man daran arbeiten kann 1. weg vom Symptom-Erleben und 2. hinzu einem neun Erleben, man aber damit rechnen muß, daß das Symptom-Erleben immer einmal wieder kehren kann und wird. Es geht daher nicht um eine entweder (Symptom) oder (das Neue) Dynamik, sondern um eine sowohl (Symptom) als auch (das Neue) Dynamik. Freunden wir uns daher besser mit dem was immer einmal wieder kehren kann an, anstatt es unbedingt ganz weghaben zu wollen. Genau das drückt der Buchtitel von Gunther Schmidt aus: Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen Kontexten. Carl Auer Verlag.