Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe jetzt mit meinem Blog in eine Weihnachtspause und kehre Anfang / Mitte Januar 2021 zurück.

Zunächst möchte ich den 2. Blog-Teil zum familiensystemischen Arbeiten abschließen: In der 3. und Kontraktsitzung habe ich mit einem Aspekt des Doppelns schon die Richtung gezeigt, in der die Arbeit weitergehen würde.

Die meisten Familien in unseren Arbeitskontexten können zu wenig kooperieren. Tiefenschicht der Kommunikation: Sie sitzen schon zulange auf belastenden Affekten. Oberflächenschicht: Sie drücken sich in den kogitiven Aspekten zu ungenau, zu widersprüchlich, zu vielschichtig etc. aus, um wirklich verstanden werden zu können. Auf der Empfängerseite wird nicht präzise zugehört* oder auch zu leichtfertig interpretiert. Hier lautet meine Devise: Die Bedeutung einer Botschaft bestimmt der oder die EmpfängerIn. Insgesamt haben wir es hier mit der Welt der Probleme 1. Ordnung** zu tun.

Wenn diese ursprünglichen Problemlagen nicht gelöst werden, können daraus neue Probleme entstehen: Probleme 2. Ordnung. Diese können zu einer Art imaginativen Familienmitglied werden, das seinerseits die Selbststeuerungsprozesse im Familiensystem mitbestimmt – die beziehungsgestaltende Funktion von Problemen hat Gunther Schmidt in seinem Buch „Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen Kontexten“ beschrieben.

Der Übergang von Familienberatung zu Familientherapie ist fließend und beide haben eine größere Schnittmenge als Unterscheidendes. Der Ansatz, den wir im WMC entwickelt haben, besteht darin, daß wir uns zunächst den Problemen 1. Ordnung und damit auch Lösungen 1. Ordnung zuwenden: Wir arbeiten an der wechselseitigen Kommunikation der Familienmitglieder und das zunächst probeweise, um herauszufinden, ob und inwieweit sich alle Beteiligten so auf neues Sprechen und Zuhören einlassen und verständigen können, so daß es im Luhmannschen Sinn zur wechselseitigen Ankopplung durch eine verstehbare Differenz zwischen Information und Mitteilung (oder im Hypno Jargon zw. Oberflächen- und Tiefenschicht oder nach Watzlawick zw. Inhalts- und Beziehungsebene) und in der Folge immer wieder zu einem Re-entry kommen kann. So habe ich es im 40. Beitrag anhand des Doppelns ansatzweise beschrieben. Diese Form der Familienberatung ist relativ leicht zu lernen und nützlich in typischen Beratungs- und Coachingkontexten, wie Jobcenter, Schuldnerberatung, Erziehungsberatung etc.

Andere Beratungskontexte, die sich auf Problemlagen 2., 3. … Ordnung (immer mehr Folgeprobleme) beziehen, brauchen erweiterte Vorgehensweisen – ich würde jedoch dazu raten, zunächst mit der 1. Ordnung zu beginnen, um die Kommunikation des Systems und die Ressourcen kennenzulernen (also Lösung 1. Ordnung).

Die Vorgehensweisen 2. und weiterer Ordnungen benötigen meist auch Lösungen 2. und weiterer Ordnungen. Beispiel Elterncoaching – Elternpräsenz statt Suchtpräsenz: Max hatte Probierkonsum von Drogen und hört nicht auf zu konsumieren (Problem 1. Ordnung). Die Eltern arbeiten gegen den Konsum (Lösung 1. Ordnung), was aber nichts nutzt, sondern daraus entsteht ein neues Problem, nun 2. Ordnung, weil Max seine Autonomie gefährdet sieht, derher konsumiert er noch mehr. Die Eltern verstärken ihren Einfluß auf Max … Wir kommen wegen des Drogeneinflusses und dem Autonomiebestreben*** mit einer Lösung 1. Ordnung (Einflußnahme auf MAx) nicht weiter und erfinden eine Lösung 2. Ordnung: Die Eltern sagen Max, daß er sich nicht ändern muß, sondern sie selbst (die Eltern) müßten sich ändern. Mehr könnt Ihr auf der Website dazu lesen.

Jede Problemlage 2. Ordnung benötigt spezifische Vorgehensweisen – siehe Gunther Schmidt. Diesen Lösungen 2. oder weitere Ordnungen möchte ich mich im weiteren Blog nicht zuwenden. Wer von Euch dazu etwas wissen möchte, möge mir schreiben. Dann werde ich überlegen, ob oder was ich dazu beitragen kann.

Ich möchte im neuen Jahr den 3. Blog zum Thema hypnosystemisch kommunizieren beginnen.


So wünsche ich Euch jetzt

Frohe Weihnachten und
für das Neue Jahr Gesundheit,
persönliche Zufriedenheit mit einem Quäntchen Glück
und wünsche Euch auch beruflichen Erfolg.

Bis zum Neuen Jahr alles Gute. Hans


Hören 1. und 2. Ordnung. Warum Zuhören mehr ist als Wissen, was gesagt worden ist Autor: Tom Levold KONTEXT 50, 1, S. 26 – 44 als PDF bei der DGSF

** siehe z. B: bei http://www.nlp-coaching-news.de/weiterbildung/coaching-2/ein-systemisches-grundprinzip-von-problemlosungen/

*** ein Dilemma: bieten wir einem Jugendlichen Beratung an, machen wir ihn hilfebedürftig, was seinen Autonomiebestrebungen zuwider läuft. Siehe Jürg Lichtl. Dann komm ich halt, sag aber nichts: Motivierung Jugendlicher in Therapie und Beratung